Eindecken oder nicht? – das Streitthema

Pferd eingedeckt

Ein leidiges Thema, besonders in der kalten Jahreszeit – Eindecken oder nicht? Ob ein Pferd eine Decke braucht und wie dick diese in dem Falle sein sollte, ist von Tier zu Tier unterschiedlich.

Weshalb sollte ich mein Pferd eindecken?

Moment mal, eindecken? Ist das nicht total entgegen der Natur? Das Pferd sollte sich doch bestimmt auch ohne Decke bei niedrigen Temperaturen pudelwohl fühlen! Oder etwa nicht? Hier fällt häufig das Stichwort „Thermoregulation“. So wie jedes Säugetier verfügt der pferdische Organismus über eine spezielle Thermoregulation die die Körpertemperatur an die jeweiligen Außentemperaturen optimal anpassen soll. Beispielsweise können Pferde bei heißen oder warmen Temperaturen durch ihre Schweißdrüsen eine Abkühlung hervorrufen. Hinzu kommt, dass ein gewisser Prozentanteil der Körpertemperatur über die Atemluft oder sogar das Gewebe heruntergekühlt werden kann.

Dieser Umstand lässt vermuten, dass Pferde sehr gut selbst ihre Körpertemperatur regulieren können und sogar zweistellige Minustemperaturen ihnen nichts anhaben können. Voraussetzung ist jedoch hierfür, dass das Tier über ausreichend Winterfell verfügt. Dies ist besonders bei den heutigen hochkarätigen Sportpferdezüchtungen nicht mehr unbedingt der Fall, denn die körpereigenen Reserven werden für andere Hochleistungen benötigt und nicht mehr für die Ausbildung eines dicken und schützenden Winterpelzes.

Vor allem wenn über das Scheren des Pferdes nachgedacht wird, wird dem Pferd der schützende Winterpelz genommen. Sobald ein Pferd geschoren wurde, kann es nicht mehr selbst eine ausreichende Thermoregulation durchführen, da beispielsweise das Fell vollkommen fehlt. Es kann somit zum Beispiel bei Kälte nicht mehr die Haare aufstellen, um durch Zwischenräume im Fell die Körperwärme halten zu können.

Es gibt jedoch auch Pferde die ohne das Scheren lieber eingedeckt werden sollten, denn so wie beim Menschen auch, so gibt es auch in der Pferdewelt absolute „Warmduscher“ und Tiere die extrem schnell frieren. Diese benötigen häufig schon früh eine Decke oder auch eine wärmere Decke als andere Stallkollegen.

Welche Deckenarten gibt es?

Es gibt viele verschiedene Deckenarten und so manchem wird vielleicht schwindelig, wenn er sich noch nie mit diesem Thema auseinander setzen musste. Deshalb hier eine kleine Aufklärung:

Abschwitzdecke = eine Decke die verwendet wird, um ein Pferd nach dem Training „abschwitzen“ zu lassen, also übersetzt „trocknen zu lassen“. Diese Decken werden häufig aus Fleece gefertigt und transportieren die Nässe von Innen nach Außen, sodass das Fell darunter schön abtrocknen kann. Hierdurch soll verhindert werden, dass das nassgeschwitzte Pferd sich im Winter bei eisigen Temperaturen verkühlen kann. Besonders die empfindliche Nierenpartie soll hierdurch geschützt werden.

Tipp: Abschwitzdecken gibt es mit oder auch ohne Bauchgurte. Wer jedoch sein Pferd nicht die ganze Zeit beobachten möchte, dass es sich ja nicht mit einer nicht ausreichend befestigten Decke in der Box wälzt, sollte unbedingt zu einer Abschwitzdecke mit integrierten Bauchgurten greifen. Sollte man jedoch aus gewissen Gründen eine Decke ohne bevorzugen, so gibt es elastische Bauchgurte in jedem Fachmarkt für wenig Geld zu kaufen, die einmal über den gesamten Rumpf des Pferdes befestigt werden können und auch die Decke vor größerem Verrutschen bewahren. Weshalb dies wichtig ist? Das Pferd ist ein Fluchttier und sobald eine Decke zu stark verrutscht könnte es das Tier irritieren und in Panik versetzen.

Stalldecke = eine Stalldecke ist eine Decke die nur im Stall oder in der Box angezogen wird. Diese Decke kann keine Feuchtigkeit abhalten und ist somit nicht für die Verwendung außerhalb des Stalles gedacht, da sie wie ein Schwamm jegliche Feuchtigkeit aufzieht. Stalldecken gibt es in allen möglichen Ausführungen und Grammaturen.

Outdoordecke = ist eine Decke die speziell für die Verwendung außerhalb des Stalles vorhergesehen ist. Sie verfügt über eine Feuchtigkeitsabweisende Außenschicht und kann somit problemlos auch im freien dem Pferd aufgelegt werden. Bei den Outdoordecken gibt es viele verschiedene Variationen, angefangen von Regendecken über Paddockdecken bis hin zu Weidedecken. Doch alle Namen stehen eigentlich für die reguläre Outdoordecke.

Häufig gibt es auch die Möglichkeit Outdoordecken mit sogenannten Unterdecken oder Lynern zu kombinieren, sodass die Grammatur weiter erhöht werden kann. Hinzu kommt, dass Outdoordecken sehr reißfest sind und somit auch beim Spielen mit den pferdischen Kollegen nicht so schnell zerstört werden können. Die Denierzahl einer Decke gibt deren Reißfestigkeit sowie Luftdurchlässigkeit an. Je höher die Denierzahl ist, desto reißfester und luftundurchlässiger und somit wärmender ist die Decke.

Tipp: Outdoordecken verfügen über eine spezielle Imprägnierung die durch Waschgänge oder auch viel Regen angegriffen wird und dann nicht mehr Wasserabweisend wirkt. Deshalb empfiehlt es sich Outdoordecken immer in professionelle Reinigungen zu geben mit dem Hinweis, dass diese bitte wieder imprägniert werden sollen. Dies ist zwar teuer, trägt jedoch wesentlich zur Lebensspanne bei!

Outdoordecke mit Halsteil = eine solche Decke endet nicht wie die anderen handelsüblichen Decken an der Brust und dem Widerrist sondern erstreckt sich noch über ein Halsteil über den Hals des Pferdes bis hin zum Kopf. Hierbei soll vor allem auch der Hals des Pferdes warm gehalten und vor Schmutz- und Regen geschützt werden.

Tipp: Halsteile sind super praktisch, wenn das Pferd viel im Regen draußen steht, sollten jedoch häufig gewaschen werden, da sie leider sonst zu wahren Mähnenkillern mutieren können! Schnell sammelt sich an dem Innenfutter des Halsteiles wo der Mähnenkamm reibt Schmutz und Talg und scheuert tagtäglich an der Mähnenpracht.

Lyner/Unterdecke = Decken die eigentlich die gleiche Funktion wie eine Stalldecke erfüllen, jedoch einfach unter die passenden Outdoordecken des Herstellers gezogen werden können, um die Grammatur zu erhöhen. Hierdurch bieten viele Hersteller eine gute Möglichkeit die Grammaturstärke zu variieren, ohne hierfür immer wieder eine neue Decke kaufen zu müssen. Ähnlich dem Zwiebelprinzip können dann einfach zwei Decken übereinander angezogen oder bei Bedarf auch wieder ausgezogen werden. Viele Outdoordecken bieten schon integrierte Befestigungsmöglichkeiten für den von dem gleichen Hersteller angebotenen Lyner an, sodass dieser ohne das Risiko eines Verrutschens angebracht werden kann.

Tipp: Lyner/Unterdecken in Kombination mit Outdoordecken bieten den allumfassenden Schutz! Es kann auf Temperaturschwankungen optimal reagiert werden oder auch einfach mal schnell der vor Schmutz schon fast selbststehende Lyner ausgebaut und in der handelsüblichen Waschmaschine ohne größeren Aufwand gewaschen werden.

High-Neck-Weidedecke = weiterentwickeltes Modell mit einem extra Halsvorschnitt, der den vorderen Teil des Mähnenkammes schützen soll. Besonders bei regnerischen Tagen kann eine solche Decke wirklich sehr hilfreich sein, da dass Tier nicht sofort den Brust- und Widerristbereich durch herabgießende Regenfälle an der Mähne und dem Halsbereich durchfeuchtet bekommt.

Bitte niemals ein nasses oder schwitzendes Pferd mit einer Outdoordecke eindecken! Unter einer Outdoordecke kann ein Pferd aufgrund der speziellen Stoffbeschichtung nicht weiter „abschwitzen“ und bleibt nass. Nasses Fell klebt jedoch und kann sich auch unter einer Decke nicht aufstellen, sodass das eingedeckte Pferd trotzdem stark das frieren anfängt und ein Infekt drohen kann.

Nieren-/Ausreitdecke = dies ist eine spezielle Schnittform von Decken, die speziell den Nierenbereich des Pferdes während des Trainings oder Ausreitens schützen sollen. Diese Decken gibt es wiederrum als Outdoorversion oder auch als Fleecedecke.

Führanlagendecke = die spezielle Schnittform dieser Decke soll Scheuerstellen an den Brustbereichen des Pferdes während der Bewegung in der Führmaschine/-anlage vermeiden. Hierdurch ist die Decke speziell im Brustbereich stark zurück geschnitten und verfügt nur noch über einen Schlauch im vorderen Bereich.

Fliegendecke = hier sind wir nun im Sommer angelangt. Diese Decke wird in den Sommermonaten gerne verwendet, jedoch nicht um das Pferd zu wärmen, sondern um lästige Plagegeister wie Fliegen, Mücken oder Bremsen fern zu halten und das Tier vor Stichen zu schützen.

Wie warm sollte ich eindecken?

Wie warm eingedeckt werden sollte ist von vielen Faktoren abhängig. Hier einmal eine kleine Checkliste:

  • Ist mein Pferd geschoren?
  • Wie ist die Umgebungstemperatur? Und wie sind die Wettervoraussagen?
  • Wie ist das Wärmeempfinden meines Pferdes?

Ist das Pferd geschoren, so benötigt es unbedingt einen wärmeren „Schutzmantel“ als ein ungeschorenes Pferd. Hingegen würde bei den selbigen Temperaturen ein ungeschorenes Pferd vielleicht sogar ohne Decke auskommen.

Viele Deckenhersteller bieten mittlerweile sogar thermoregulierende Decken an, die sich je nach Außentemperaturbereich in ihrer Wärmeregulation anpassen sollen. Jedoch gibt es ungefähre Faustregeln wie ein ungeschorenes und sehr kälteempfindliches Pferd eingedeckt werden sollte:

  • 5-10 Grad: 50 – 100 g Decke
  • 0-5 Grad: 100 – 150g Decke
  • -10- -5 Grad: 150g – 250g Decke
  • Unter -10 Grad: 250g – 400g Decke

Tipp: Diese Temperaturangaben sollen nur eine ungefähre Einschätzung bieten! Es ist immer von Pferd zu Pferd unterschiedlich wie viel Grammatur benötigt wird.

Woran kann ich erkennen ob meinem Pferd warm genug ist oder gar zu warm?

Egal ob man ein Deckenfreund ist oder nicht, man möchte natürlich seinem geliebten Vierbeiner nur etwas gutes tun und auch gerne wissen oder beurteilen können, ob die Wohlfühltemperatur erreicht ist.

Die wichtigste Regel ist immer: das Pferd darf unter einer Decke niemals schwitzen! Denn dann ist diese eindeutig zu warm!

Eine alte Faustregel besagte, dass einem Pferd zu kalt sei, wenn die Ohren im unteren Drittel (zum Ponyschopf hin) kalt sind. Mittlerweile sagt man jedoch auch, dass ein Indiz für Frieren sein kann, wenn das Pferd am inneren Oberschenkel nicht schön mollig warm ist. Dies kann bei NUR sehr braven Pferden ausprobiert werden, die sich problemlos im Bauch- und unterem Flankenbereich anfassen lassen! Hierzu einfach die Handfläche zwischen hinterem Bauchende und inneren Oberschenkelbereich legen und erfühlen, wie warm es dort ist. Ist es tropisch warm, fast schon schwitzig, so ist dem Pferd zu warm. Ist es angenehm, so passt es und ist es eher kalt, so sollte man über ein eindecken oder eine wärmere Decke nachdenken.

Ein weiteres Indiz, dass dem Pferd zu kalt sein könnte, ist eine angeschwollene Nierenpartie. Ist der hintere Rückenbereich, kurz nach Ende der Sattellage geschwollen und bewegt sich das Pferd steiff, so sollte unbedingt eine Decke aufgelegt werden.

Ein letztes Zeichen für ein frierendes Pferd ist das Zittern. Zittert ein kaltes oder auch zum Beispiel nasses Pferd so sollte man auch unbedingt über eine Decke nachdenken.

Diesen Beitrag teilen:

Share on facebook
Share on twitter
Share on linkedin
Share on pinterest
Share on print
Share on email